Der Vampyr


(Originalfassung - 1831)

Romantische Oper

In drei Akten


Text von
Wilhelm August Wohlbrück

Musik von
Dr. HEINRICH MARSCHNER
von Hanover


Personen:

Sir Humphrey, Lord von Davenaut
Malwine, seine Tochter
Edgar Aubry
Lord Ruthwen
Sir Berkeley
Janthe, seine Tochter
Georg Diddin, in Davernauts Diensten
Emmy
Toms Blunt
James Gadshill
Richard Scrop
Robert Green
Suse, Blunts Frau
Der Vampyrmeister
Chor der Hexen und Geister
Chor der Landleute


Erster Akt.

[Chor der Hexen und Geister, abenteuerliche Gestalten, flackernde, heller Mondschein, usw.]

Chor:
Ihr Hexen und Geister
Schlingt frölich den Reih'n
Bald wird unser Meister hier unter uns sein.
Wegen grauser Freveltaten
Drum wird er von uns gesucht,
Dass wir uns auf ihm beraten.
Lichtscheu in der Mitternacht
Wenn nur Angst und Bosheit wacht
Schleichen wir beim Mondenschein
In die finstre Kluft hinein.
Schlange, Natter hör ich zischen,
Irrlicht flackert froh dazwischen.
Molche, Kröten, scharze Katzen,
Kobold, Hexen, Teufelsfratzen
Kommt und schlingt den mintern Reih'n.
Eul' und Uhu, ihr sollt schrei'n.
Joho, hoho ...
Dort nahet der Meister
In fahlem Feuerschein.

Melodram.

DER MEISTER (spricht)
Dieser hier, der schon verfallen
Unsrem Dienste ist,
Wunscht noch eine kurze Frist
Unter den freien Menschen zu wallen.
Sein Begehren sei bewilligt,
Wenn er seinen Schwur erfullt,
Wenn er bis Mitternacht
Drei Opfer fur uns gebracht:
Fur drei Braute, zart und rein
Soll dem Vampyr ein Jahr bewilligt sein.

LORD RUTHVEN
Bei der Urkraft alles Bosen
Schwor'ich euch, mein Wort zu losen.
Doch fliehet diesen Aufenthalt
Denn eins der Opfer naht sich bald.
(Der Meister verschwindet, der Mond scheint
wieder.
)

CHOR DER HEXEN UND GEISTER
Leise, leis' beim Mondenschein
Husch in die Erde, husch hinein.
Tausend Spalten, tausend Ritzen
Dienen uns zum Aufenthalt.
Lasst uns brutend unten sitzen
Bis die Mitternacht erschallt.
(Sie verstieben. Es schlagt eine Uhr.)
No. 2

LORD RUTHVEN
Ha, noch einen ganzen Tag,
Uberlang ist diese Zeit.
Zwei Opfer sind mit schon geweiht
Und das dritte ist leicht gefunden.
Ha, welche Lust aus schonen Augen
An bluhender Brust neues Leben
In wonnigem Beben
Mit einem Kusse in sich zu saugen.
Ha, welche Lust, in liebendem Kosen
Mit lusternem Mut
Das susseste Blut
Wie Saft der Rosen
Von purpurnen Lippen
Schmeichelnd zu nippen!
Und wenn der brennende Dutst sich stillt,
Und wenn das Blut dem Herzen entquillt,
Und wenn sie stohnen, voll Entsetzen,,
Ha, ha, welch'Ergotzen,
Welche Lust!
Mit neuem Mut
Durchgluht mich ihr Blut,
Ihr Todesbeben
Ist frisches Leben.
Armes Liebchen, bleich wie Schnee,
Tat dir wohl im Herzen weh.
Ach, einst fuhlt' ich selbst die Schmerzen
Ihrer Angst im warmen Herzen,
Die den Himmel frech verhohnen.
Ich verstehe euerh Ruf!
Ha, welche Lust.

No. 3 Duett

JANTHE (tritt auf)
Teurer Eltern einz'ge Freude
Lohn'ich sie mit herbem Leide,
Die zu ehren susse Pflicht.
Ach, ich muss sie ja betruben,
Denn es zwingt mich, dich zu lieben,
Was Vernunft dagegen spricht.

RUTHVEN
Fuhl an meines Herzens Schlagen
Mehr als ich vermag zu sagen,
Dass ich dein auf ewig bin.
Nimmer werd'ich dich betruben
Ewig, ewig dich zu lieben
Schwor ich dir mit treuem Sinn.

BEIDE
So bist du, Teurer, mein auf ewig,
So bist du, Teure, mein auf ewig,
Und ewig, Teurer, bin ich dein
Mein Leben weih'ich dir allein.
(Sie stu,zen einander in die Arme. Auf den
ersten Hornruf aber fliehen sie in die Hohlel
)
No. 4
CHOR und Soli.
(Lord Berkley, Jager treten auf.)

CHOR
Wo kann sie sein?
Janthe! Janthe!

BERKLEY
Weh, mein Kind!
In welcher Wildnis mag es irren?
In spater Nacht vermisst ich sie im Hause,
Sicher haben Rauber sie entfuhrt.
Wer ihre Spur entdeckt,
Ich schwor'es euch,
Dem wird des Vaters heisser Dank
Und grosser Lohn.
(um sich blickend)
Doch wehe, welchen Ort betraten wir!
Hier hausen bose Geister seit Jahrhun
derten,
Die Vampyrhohle nennt ihn das Volk.

CHOR
Weh, die Vampyrhole!
Schnell hinweg mit leisem Tritt.
Armer Vater!

JANTHE (hinter der Scene)
Weh'mir!

RUTHVEN (hinter der Scene)
Ha, ha!
(Der
CHOR sturzt zuruck.
)

CHOR
Welch' Geschrei!
Dort kam es herl

JANTHE
Wehl

BERKLEY
Das war meines Kindes Stimme,
Rettet mir ihr teures Leben.
(Einige eilen in die Hohle.)
WehI mir, meine Krafte schwinden.
Angst und Freude macht mich beben.
Wie werd' ich sie wiederfinden?
(Er ermannt sich und will in die Hohle; da
kommen ihm einige Diener und Ruthven entgegen.
)

BERKLEY (zu Ruthven )
Frecher Rauber meines Kindes
Hier nimm deiner Taten Lohn!
(Er stosst Ruthven das Schwert in die Brust.Ruthven sturzt zu Boden.)

CHOR (in der Höhle)
Sie ist tot!

BERKLEY
Wie, mein' Kind ermordet?
(Er will in die Hohle, besturzt kommen die
Diener ihm entgegen.
)

DIENER (allein)
Armer Vater, weh, Entsetzen!
Brust und Nacken deiner Tochter
Sind voll Blut.
Gift'ger Zahne Spuren
Verraten das Entsetzliche:
Sie ward zum Opfer dem Vampyr!

CHOR
Ein Vampyr! Weh!
(Alle sturzen fort.)

RUTHVEN (allein)
Weh mir, meine Krafte weichen,
Mussig wird die Zeit verstreichen,
Kann ich nicht die Hoh' erreichen,
Um dort sterbend mit den Augen
Mondesstrahlen einzusaugen,
Die mir neue Krafte geben
Zum Leben.
Schrecklich, Allgerechter!
Alles tot und leer,
Grause Stille rings umher;
Nur der Holle Hohngelachter
Muss ich horen.
No. 5. Begleitendes Musikstuck.

SPRECHER
In der Dunkelheit hat sich Sir Aubry, ein
Freund Ruthvens in die einsame Gegend
verirrt. Er findet den verletzen Freund, der
ihm vorgibt von Raubern überfallen worden
zu sein. Der Verwundete bittet darum, man
mochte ihn auf einen Felsen so legen, dass
die Strahlen des Mondes ihn voll ins Antlitz
treffen. So schleppt Sir Aubry den Verwun
deten auf eine Felsenhoh~ und bettet ihn so,
dass das Mondlicht voll in sein Antlitz trifft.
Dann fliehter entsetzt die schauerliche
Schene.
(Ruthven belebt sich unter dem heilenden
Einfluss der Mondstrahlen, erhebt sich und
geht fort.
)

2. SCENE.
No. 6.

Im Schlosse des Lord Davenaut erwartet am
Morgen ihre 18. Geburtstages Malwina, die
Tochter des Hauses ihren heimlichen Geliebten, Sir Aubry.


MALWINA
Heiter lacht die goldne Fruhlingssonne
Auf die buntgeschmuckte, neubelebte Flur.
Alles was ich sehe
Ist der Abglanz nur
Von meines Herzens niegefuhlter
Wenne.
(Durchaus in freudiger Bewegung, aber oh
ne Leidenschaft.
)
Die Flur im bunten Festgeschmeide,
Der Baum ihm duftgen Blutenkleide,
Der Vogel chor, der mich umklingt
Und jubelnd auf zum Himmel dringt,
Ach, alles jauchzt und teilt mein Gluck.
"Heute", wogt es in mir auf und nieder,
"Heute", schallt's von aussen wieder,
Ja, heute kehrt der Teure mir zuruck.
Oh, schwing' auch du mein hebend Herz
Dich dankergluhend himmelwarts
Und in dem Lust- und Freudenklang
Lall' deines Schöpfers Lobgesang.
Still, wer naht sich dort der Pforte?
Er sieht herauf, es ist sein Blick.
Er ist es, Edgar ist's!
(Sie eilt Aubry entgegen.)

No. 7. Duett.

MALWINA, AUBRY
Du bist's, es ist kein Traum.
Dieses Gluck, ich fass' es kaum.
Bist Du's wirklich,
Seh'ich dich wieder?
No.8. Terzett.
Lord Davenaut tritt auf, teilt Maiwina mit,
dass er den Earl von Marsden fur sie als
Brautigam gewahlt hat.

MALWINA (ausser sich)
Wie, mein Vater!

AUBRY
Weh', verloren!

DAVENAUT
Ja, es ist der Earl von Marsden
Den ich mir zum Sohn erkoren.

MALWINA, AUBRY
Wie, wer ist es?
Der Earl von Marsden?

DAVENAUT
Ja, es ist der Earl von Marsden.

MALWINA
Oh, mein Vater.

DAVENAUT
Die Wahl scheint sie zu freuen.

MALWINA,
AUBRY
Ach, mein Gluck war nur ein Traum,
Musst' er mich so schnell verlassen?
Weh', dies Unglück ganz zu fassen
Hat mein armes Herz nicht Raum.

MALWINA (zum Vater)'
Sieh mich hier zu deinen Fußen,
Vater, kannst du mir verzeihn,
Vater, ach dem EarI von Marsden
Kann ich nimmer Gattin sein.

DAVENAUT
Wie, was hor'ich,
Ha, ist's moglich?

MALWINA
Dieses Herz hat schon gewahlt.
Ach, ich fuhl's ich habe gefehlt
Daß ich dir's bis jetzt verhehlt.

DAVENAUT
Wer ist der. Verweg'ne, spricht!

AUBRY
Der Verweg'ne, der bin ich!

DAVENAUT
Ha, vor Zorn kaum halt'ich mich!
Wie, Verworfne durft ihr's wagen
Dies ins Antlitz mir zu sagen?

MALWINA,
AUBRY
Ach, siet meiner Kindheit Tagen
Hat dies Herz fur ihn (sie) geschlagen.

DAVENAUT
Ihr fleht vergebens, fort!

MALWINA
Deine Tochter kann mit ihm nur glücklich
sein.

AUBRY
Eure Tochter zu beglücken
Soll mein einzig Streben sein.

DAVENAUT
Fort, Ihr fleht vergebens!
Nimmer, nimmer ward gebrochen
Was ein Vaterwort versprochen.

MALWINA
Ach, Vater, habe Mitleid!
(Georg tritt auf und meldet.)

GEORG
Gnad'ger Herr, der EarI von Marsden
Ritt soeben durch das Tor,
Und des Dorfes muntre Jugend
Naht vereint in heitrem
CHOR
Eure Tochter zu begrußen
Fuhre denn die muntern Gaste
In den Saal zu meiner Tochter.
(Der EarI von Marsden ist kein andrer als

LORD
RUTHVEN
, der Vampyr, der glaubt in
Malwina sein zweites Opfer gefunden zu
haben.
)
No. 9. Finale.
Festlich wird er auf dem Schloße empfan
gen, nur von Aubn,, erkannt, der aber, ge
bunden durch seinen Schwur, Stillschwei
gen bewahren muß.

CHOR.
Singet laut und jubelt froh,
Daß es tont durch's ganze Land:
Heil dem Hause Davenaut
Heil jedem, der mit ihm verwandt!

DAVENAUT
Hier, Malwina, ist der Mann,
Den ich deiner wert erachte,
Wert des Hauses Davenaut.

RUTHVEN
Eure Wahl zwar macht mich froh,
Doch beglückt war'ich nur dann
Wenn Mylady's Aug'mir freundlich lachte.
MALWINA (schuchtern, ohne ihn an
zusehen
)
Werter Sir!
(sieht ihn an)
Ha, wehe mir!

AUBRY (/etzt erst
RUTHVEN ansehend
)
Ha, entsetzlich, seh'ich recht?
Du bist
LORD
RUTHVEN
!

DAVENAUT
Unbegreiflich!

RUTHVEN (ruhig)
Nein, Sir,
RUTHVEN ist mein Bruder,
Der auf Reisen schon seit Jahren
Auf dem festen Lande ist.
Lieb ist mir, es zu erfahren
Was ihr etwa von ihm wißt.

AUBRY
Was ich weiß? Es war ja heut'...

RUTHVEN
Nun?

AUBRY (ganz verwirrt)
Wehe!
Nein, Sir, ich weiß nichts.
Tauschend ist die Ahnlichkeit
Seines, eures Angesichts.

DAVENAUT (zu Malwina)
Nun, Malwina, ist das Sitte?
Weißt du deinen Brautigam
Freundlicher nicht zu empfangen?

RUTHVEN
Laßt sie, wetter Sir, ich bitte.

MALWINA (beklommen)
Sir, ich weiß nicht wie es kam,
Daß ein grausend seltsam Bangen...

RUTHVEN (unterbricht)
Schöne Lady, o verzeiht.
Wie die junge Rose lacht,
Die am Wege einsam bluht,
Hat im innersten Gemut
Euer Anblick mich erfreut
Hoffen will ich, daß die Zeit
Euch mein armes Angesicht
Wenigstens ertraglich macht.

AUBRY (beiseite)
Nein, mein Auge tauscht mich nicht.
Wie er lacht und wie er spricht,
Alles zeigt es deutlich mir,

RUTHVEN ist es, der Vampyr!
(au
RUTHVEN
)
Sir, zwei Worte nur, ich bitte.
Entsetzlicher, ich hane dich erkannt,
Hier auch die Narb' an deiner Hand.
Unglücksel'ger darfst du's wagen
Zu ihr die Augen autzuschlagen,
Grauses Scheusal der Natur!

RUTHVEN
Still, gedenk an deinen Schwur!

DAVENAUT
Der Priester ist bestellt,
Geladen sind die Gaste,
Bereitet alles nun
Zum frohen Hochzeitsfeste,
Denn ehe noch die Mitternacht ent
schwunden,
Bist du auf ewig mit ihm verbunden.

MALWINA (außer sich)
Ach, mein Vater!

AUBRY
Ich beschwore euch!

MALWINA
Ach, diese Eile,
Gonnt mir Frist,
Wen'ge Tage bitte ich.

DAVENAUT
Schweig

AUBRY
Sir, verschiebt's bis morgen nur!

DAVENAUT
Nein, unmoglich.

MALWINA
Ach, mein Vater!
AU BRY (entschloßen)
Nun, so wißt...

RUTHVEN
Still! Gedenk' an deinen Schwur!

DAVENAUT
Zum Feste lad'ich euch alle ein,
Jubeln soll alles und frolich sein.
Denn heute noch, ich schwor' es laut
Fuhrt Marsden zum Altar die Braut.
Der ganzen Herrschaft mogt ihr verkunden
Daß Marsden sich und Davenaut ver
binden.

CHOR
Singet laut und jubelt froh, etc.

MALWINA,
AUBRY,
DAVENAUT
Furchtbar eilend eilt die Zeit
Und vom Ziel bin ich noch weit,
Doch ich will nicht zittern.
Wer der eignen Kraft vertraut
Und auf Gottes Hilfe baut,
Den kann nichts erschuttern.

RUTHVEN
Furchtbar eilend drangt die Zeit, usw.
Wer der Holle Macht geschaut
Ist mit Grausen schon vertraut.

MALWINA,
AUBRY,
DAVENAUT
Mogen sich die Wolken turmen
Mag es brausen, mas es sturmen,
Wenn es blitzt und wenn es kracht,
Sieht er nur des Himmels Macht.

RUTHVEN
Wenn es blitzt und wenn es kracht
Sieht er nur der Holle Macht.

MALWINA,
AUBRY,
DAVENAUT
Bei des Unheils grauser Nahe
Schwillt sein Mut zu Riesenhohe.
In der Elemente Toben
Hebt er seinen Blick nach oben.

RUTHVEN
Grinsend blicket er nach oben,
Freut er sich des Bosen Macht.

Ende des Erster Akt.





AKT II



Bauernfest vor dem Schloß Marsden. Emmy's bevorstehende Hochzeit wird gefeiert.
Emmy, spater Georg und der Earl von Marsden.


CHOR
Hort ihr die Geigen,
Seht ihr den Reigen
Frohlich ertonen und munter ergeh'n?
Eilet zum Tanze
Froh in dem Kranze
Munterer Geigen euch rascher zu dreh'n.
Bannet die Sorgen,
Heute und morgen
Lachelt die Freude
Und droht nicht Gefahr.
Nutzet die Stunden
Eh' sie entschwunden,
Daß eure Jugend nicht freudlos war.
Seid ihr erst alter
Steifer und kalter
Drucket das Leben euch
Sorgvoll und schwer,
Dann, ach ihr Leute
Schickt sich's wie heute
Leider nicht mehr.
Immer behende,
Nimmer ans Ende
Drehe der Kreis sich
Bald hin und bald her,
Munter, nur munter
Krauser und bunter,
'Rüber und hinuber
Der Kreuz und die Quer.

No. 11. Lied.

EMMY
Dort an jenem Felsenhang
Lauschte ich den Weg entlang
Georgen zu erspahen.
In der Abendsonne Strahl
Gluht und zittert Berg und Tal,
Er laßt sich nicht sehen;
Wenn beim frohen Hochzeitsfest
Mich der Braut'gam warten laßt,
Soll mich das nicht traurig machen?
Dort im Strauch mit sußem Schall
Lockt und girrt die Nachtigall,
Und er is noch ferne.
Durch der Braume grunes Reis
Lauscht der Vollmond still und leis'
Flimmern schon die Sterne.
Alles zeigt, der Abend kam
Und noch fehlt der Brautigam.
Soll mich das nicht traurig machen?

No. 12. Romanze.

EMMY
Sieh, Mutter, dort den bleichen Mann
Mit seelenlosem Blick!
Kind, sieh den bleichen Mann nicht an,
Sonst ist es bald um dich getan,
Weich schnell von ihm zuruck!
Schön manches Magdlein jung und schon
Tat ihm zu tief ins Auge sehn,
Mußt' es mit bittern Qualen
Und seinem Blut bezahlen,
Denn still und heimlich sag ich dir:
Der bleiche Mann ist ein Vampyr!
Bewahr' uns Gott auf Erden,
Ihm jemals gleich zu werden.

CHOR
Bewahr' uns Gott auf Erden,
Ihm jemals gleich zu werden!


EMMY
Das Magdlein folgt dem bleichen Mann,
Es lockte sie sein Blick!
Hort nicht der Mutter Warnen an
Und bald war es um sie getan,
Nie kehrte sie zuruck!
Ein Opfer ward sie seiner Lust.
Mit blut'ger Spur an Hals und Brust
Fand man den Leichnam wieder.
Sie fuhr zur Holle nieder.
Nun geht sie selber, glaubt es mir,
Herum als grausiger Vampyr.
Bewahr' uns Gott auf Erden,
Ihr jemals gleich zu werden.
(Lord Ruthven, als Earl von Marsden tritt auf;
gewinnt das Vertrauen der Landleute durch
Geschenke und Versprechungen.
)
No. 13. Terzett.


EMMY
Ihr wollt mich nur beschamen,
So eitel bin ich nicht
Um fur Ernst es anzunehmen,
Was euer Mund nur spricht.

RUTHVEN
Nein, liebe, suße Kleine,
Glaub' mir, ich scherze nicht.
Deine Schönheit ist's alleine,
Die so mein Herz besticht.

GEORG (im Hintergrunde)
Oh, oh, was muß ich schauen,
Die sind ja sehr vertraut.
Darf ich meinen Augen trauen,
Ist denn das nicht meine Braut?

RUTHVEN
Welche Wonne sondergleichen,
Sanft die Wange dir zu streichen,
Dir die weiche Hand zu drucken,
Liebend dir ins aug' zu blicken,
So den Arm um dich zu schlingen,
Dich zu drucken an die Brust,
Ach, welchem Opfer wollt' ich bringen,
Gonntest du mir diese Lust.


EMMY (ihn sanft abwehrend)
Ihr wollt mich nur beschamen, usw.

GEORG
Oh, Weh! was muß ich sehen
Jetzt druckt er ihr die Hand
Und sie laßt es auch geschehen
Das ist ja ganz charmant.

RUTHVEN (zu Emmy)
Ich sollte dich fast schelten
Ich tat so viel fur dich
Und du willst mir's nicht vergelten.
Ist das nicht grausam, sprich!


EMMY
Ihr sucht mein Gluck zu grunden
Das sehe ich wohl ein,
Ach, ich kann nicht Worte finden
Euch meinen Dank zu weih'n.

RUTHVEN
Du kannst fur mein Bestreben
Den schonsten Lohn mir geben.
Ein einz'ger Kuß von dir
Gilt mehr als Kronen mir.

GEORG
Einen Kuß, was muß ich horen!
Er will sie kußen, was?


EMMY (beschamt)
Wie, ein Kuß?
Ihr wollt mich nur beschamen, usw.

RUTHVEN
Nein, liebe, suße Kleine,
Glaubt mir, ich scherze nicht.
Deine Schönheit ist's alleine,
Die so mein Herz besticht.
(kußt Emmy; beiseite)
So, jetzt ist sie mir verfallen
Und das Ziel ist nicht mehr weit.
Ha, ha!


EMMY (beiseite)
Solchem Herren zu gefallen
Ist doch keine Kleinigkeit!
Soll mich das nicht eitel machen?

GEORG (beiseite)
Wie, sie laßt sich das gefallen!
Ha, bei Gott, das geht zu weit.
Soll mich das nicht rasend machen?

RUTHVEN (beiseite)
Ha, jetzt ist sie mir verfallen.
Die Holle hor'ich lachen.


GEORG (tritt vor, zu Emmy)
Guten Abend, meine Beste.

RUTHVEN
Sieh, da ist der Brautigam.


EMMY
Kommst du endlich auch zum Feste?

GEORG
Ja, Zeit war's, daß ich kam.


EMMY
Unser neuer Herr will dich
Hier zum Gutsverwalter machen.

GEORG
Ja, das merk'ich, schone Sachen,
Und zum Eigentumer sich.

RUTHVEN (beiseite)
Eifersucht, das ist zum Lachen,
Armer Tropf, du dauerst mich.


EMMY
Eifersucht am erster Tage!
Nun fur wahr, das kommt zu fruh.

GEORG
Ja, sie hat recht, die alte Sage:
Weibern trau' und Katzen nie!

RUTHVEN
Nun, ich gehe, Liebesleute
Sind am liebsten doch allein,
Nur vergiß nicht, daß du heute
Meine Tanzerin sollst sein.
(beiseite)
Ha, wie mein Herz vor Freude bebet,
Nun ist das zweite Opfer mein!
Die ihr mich unsichtbar umschwebet
Jubelt! Jubelt! bald wird sie Euer sein.


EMMY
Mein Herz schwankt zwischen Furcht und
Liebe
Und mir wird wohl und weh zu Sinn.
Mit suß geheimnisvollem Triebe
Zieht es mich zu dem Fremdling hin.

GEORG
Wie bei boser Geister Hausen
So unheimlich wird mir zu Mut,
Mich uberlauft's mit kaltem Grausen
Weh mir, das endet nimmer gut.

RUTHVEN
Ha, wie mein Herz vor Freude bebet,
Nun ist das dritte Opfer mein, usw.
(Georg und Emmy gehen in den Tanzsaal.)

2. SCENE.
No. 14.

Große Scene. Aubry und Ruthven.

AUBRY
Wohl, du zwingst mich zum Verbrechen,
Meinen Schwur geh'ich, zu brechen,
Gott im Himmel wird verzeih'n,
Kann ich es dadurch erreichen,
Daß du von ihr mußt entweichen,
Ist die Sunde ja nur klein.

RUTHVEN
Strauchle auf der Bahn des Rechten,
Du verfallst den finstern Machten,
Scheint der Fehltritt auch nicht groß,
Bist du einmal erst gewonnen,
Enger stets wirst du umsponnen,
Und die Holle laßt nicht los.

AUBRY
Gern wil! ich fur mein Verschulden
Martervolle Strafen dulden.
Was kann Argeres gescheh'n?
Gibt es großeres Verderben,
Als die Heißgeliebte sterben,
Und so graßlich sterben seh'n?

RUTHVEN
Meinst du? Ha, versuch’ es nur,
Und mit Schauder wirst du sehn
Was noch Argres kann geschehn.
Glaubst du, daß mich die Natur
Zu dem schrecklichen Beruf
Schön bei der Geburt erschuf?
Geh denn hin, verrate mich!
Schuld des Meineids lad' auf dich,
Um mit sußem Triumphieren
Die Geliebte heimzufuhren.
Werde Gatte, Vater dann
Und ein hochbeglückter Mann!
Doch es naht die Zeit heran,
Wo bei tausend Schlangenbißen
Dir die Seele wird entrißen.
Vor den Richter, bang und schwer
Tritt sie, und der Strenge spricht:
“Reue suhnet Meineid nicht.
Kehre du zuruck mit Graus
In das kaum verlaßne Haus.“
Nun gehst du, ein grausiger Leichnam
umher,
Bestimmt, dich vom Blute derer zu nahren,
Die dich am meisten lieben und ehren.
Im Innern tragst du verzehrende Glut,
Bei deinem Leben has du's geschworen:
Was durch dich lebt, ist durch dich verloren.
Der Gattin, der Sohne, der Tochter Blut,
Es stillet zuerst deine scheußliche Wut,
Und vor ihrem Ende erkennen sie dich
Und fluchen dir und verfluchen sich!
Doch was dir auf Erden das Teuerste war,
Ein liebliches Madchen-mit lockigem Haar,
Schmiegt bittend die kleinen Handchen um
dich
Die Tranen ins helle Auglein ihr treten.
Sie lallet: “Vater, verschone mich,
Ich will auf Erden fur dich beten!“
Du siehst ihr ins unschuldig fromme Gesicht,
Du möchtest gern schönen
Und kannst es doch nicht.
Es reizt dich der Teufel,
Es treibt dich die Wut!
Du mußt es saugen,
Das teure Blut!
So lebst du, bis du zur Holle fahrst,
Der du auf ewig nun angehorst.
Selbst dort noch
Weichet vor deinem Blick
Die Schar der Verworf'nen
Mit Schaudern zuruck,
Denn gegen dich sind sie engelsrein,
Und der Verdammte bist du allein!
Du starrst, du stehst entsetzt vor mir.
Ha, ha! ich zeichnete nach der Natur,
Meine eigne Geschichte erzahlt ich dir.
Jetzt geh' hin und brich deinen Schwur!
(ab)
3. SCENE

AUBRY (allein)
Ha, wie das grauenvolle Bild
Mich mit Entsetzen ganz erfullt.
Kein Trost, kein Ausweg zeigt sich hier.
Sie ist verloren, wehe mir!

No. 15. Arie.
Wie ein schöner Frühlingsmorgen
Lag das Leben sonst vor mir.
All mein Wunsohen, all mein Sorgen
War ein heitrer Blick von ihr.
Flur und Wald schien nur zu leben
Um ihr Bild zuruckzugeben,
Um mit sußem Zauberklingen
Nur von ihr, von ihr zu singen.
Doch, jetzt umgibt mich dunkle Nacht,
Ich verzweifle an Gottes Macht.
Unheilbringende Damonen
Scheinen die Schopfung nur zu bewohnen.
Hohnend hor ich sie triumphieren.
Zum Verderben muß es fuhren.
Was ich auch beginnen wollte,
Und von allem was mir droht
Ist das minder Schreckensvolle
Wahnsinn oder Tod.

No. 16. Duett.
Ruthven hat Emmy aus dem Tanzsaal gelockt.


RUTHVEN
Leise dort zur fernen Laube,
Wo wir ungestörter sind.

EMMY
Gnad'ger Herr, man kommt, ich glaube.

RUTHVEN
Nicht doch, liebes, sußes Kind.

EMMY
Ja, ja, man kommt.

RUTHVEN
Folge mir nur wen'ge Schritte.

EMMY
Gnad'ger Herr, ach nein, ich bitte.
Georg wird im Saale mich vermißen.

RUTHVEN
Furchtsam Narrchen, laß dich kußen.

EMMY
Nein, ach laßt zuruck mich gehen,
Gnad'ger Herr, ach schonet mein.
Wurd' Georg bei euch mich sehen,
Nimmer konnt'er mir verzeih'n.

RUTHVEN
Soll ich, ach noch langer klagen,
Ruhrt dich meine Bitte nicht?
Wird mir nie dein Auge sagen,
Daß fur mich dein Herzchen spricht?

EMMY (beiseite)
Ach, ich fuhl's, mit tausend Banden
Hangt mein ganzes Herz an ihm!

RUTHVEN
Lange hat sie widerstanden,
Doch sie weicht dem Ungestum.
So komme doch, mein sußes Liebchen,
Meiner Augen holdes Licht.

EMMY
Seinen Bitten widerstreben
Ich vermag es langer nicht.

RUTHVEN
Nun so komm, noch wen'ge Schritte.

EMMY
Nein, ach gnad'ger Herr, ich bitte.

RUTHVEN
Sußes Madchen, folge mir.

EMMY
Gnad'ger Herr, ach, ich zittre.

RUTHVEN
Folge mir!

EMMY
Wohlan, es sei! Ich folge dir!
(Sie sinkt ihm an die Brust.)

BEIDE
Leise, leis' im Mondenschimmer,
Still und heimlich ziehn wir fort,
Nach dem suß verschwieg'nen Ort.
Du bist mein, ich dein fur immer.
Mond und Sterne konnen lauschen,
Wie wir Seel' um Seele taUschen
Und in Liebe uns berauschen.
(zusammen ab)

4. SCENE.
No. 18.

Chor der Landleute, Emmy's Leiche zur Gruft tragend.

CHOR
Freuden und Leiden
Im irdischen Leben
Wechseln so rasch
Wie die Stunden entschweben.
Wir zogen so frolich
Und munter daher
Zu vereinen die Braut
Mit dem Gatten,
Ach, und jetzt gehen wir'
Bange und schwer,
Ihre Leiche
Zur Gruft zu bestatten.

5. SCENE.
No. 19. Duett.


AUBRY (zu Malwina)
Haltet ein! Ich kann es nicht ertragen,
Du bist verloren,
Wehe mir und wehe dir!
Ich muß verzagen,
Nur Wahnsinn bleibt,
Verzweiflung mir!
Oh, dürft ich rasch mit eignen Handen
Dies martervolle Dasein enden!'

MALWINA
Oh, laß, Geliebter dich beschworen,
Ersticke nicht den frohen Mut,
Noch lebt ein Gott,
Er wird uns horen.
Will er, so endet alles gut.
Laß uns mit kindlichem vertrauen
Auf seine Vaterhilfe bauen.

AUBRY
Es drängt die Zeit, Malwina, laß dich warnen,
Oh, zögre nur bis der Tag erwacht.
Arglistig ist und groß der Holle Madht.
Mit bosem Zauber weiß sie zu umgarnen.

MALWINA
Was redest du, was hatt ich zu befahren?
Ich furchte nur des Vaters streng Gebot!
Vor allem, was mir sonst Verderben droht
Wird mich mein Herz, mein reiner
Sinn bewahren.
Wer Gottesfurcht im frommen Herzen tragt
Im treuen Busen reine Liebe hegt,
Dem muß der Holle dunkle Macht ent
weichen
Kein boser Zauber kann ihn je erreichen.

AUBRY
Sei mir gegrußt, du schönes Himmelslicht,
Das prangend durch die Nacht des Zwei
fels bricht.
Mit lautem Jubel, wie aus lichten Sphären,
Jauchzt es mir zu, mit Engels Choren.

BEIDE
Wer Gottesfurcht im frommen Horzen tragt,
usw.

No. 20. Finale.

CHOR
Blumen und Blüten im Zephyrgekose
Lieblich entfaltet der schmeichelnde West.
Blume des Hochlands du, Davenaut's Rose
Winden wir dir zu dem heutigen Fest.

DAVENAUT
Ihr Freunde kommt, beginnt die Hochzeit sfeier
Mit frohem Sinn und heitrer Frohlichkeit.
Mein einzig Kind, dem Vaterherzen teuer
Vermahlt ich dem edlen Gatten heut.

MALWINA
Dein Wille, Herr im Himmel mag geschehen,
In glaub'ger Demut unterwerf ich mich.
Oh, laß ein Zeichen deiner Huld mich sehen,
Ich bin ja dein Geschopf, erbarme dich.

AUBRY
Schön senkte sich ein Enge! trostend nieder
Mit schoner Hoffnung ros'gem Dammerlicht,
Doch rasch durchbebt mich kaltes Grausen wieder
Hohnlachend sturzt die Holle auf mich ein.

CHOR
Auf,. Freunde, beginnt die Hoch~eitsfeier,
Mit frohem Sinn und heitrer Frohlichkeit.
Das einz'ge Kind, dem VaterherZen teuer,
Vermahlte er dem edlen Gatten heut.
Singet laut und jubelt froh,
Daß es tont durch's ganze Land
Heil dem Hause Davenaut.
Heil jedem der mit verwandt!
Heil! Heil!

MALWINA
Allgerechter!

AUBRY
Weh, Entsetzen!

DAVENAUT, CHOR
Ha, Willkommen!

RUTHVEN
Sir, entschuldigen kann ich nicht,
Daß ich saumte in meiner Pflicht.
Hab' ich doch mein Gluck verschoben,
Meinen Fehler wollt'ich loben
Preisen noch mein Mißegeschick
Zurnte auch Mylady's Blick
Auf den laßigen Brautigam
Der so spat zur Hochzeit kam.

DAVENAUT
Spart die Worte, lieber Sohn,
Alles ist bereitet schon.
Auf, denn, fort, hin zur Kapelle
Dort will ich an heil'ger Stelle
Bei des Priesters frommem Segen
Ihre Hand in eure legen.

MALWINA
Ach, mein.Vater, hab Erbarmen,
Wehe mir, ach, weh mir Armen!.

DAVENAUT (zum Chor)
Auf, Freunde, auf mit heiterm Sang
Begleitet unsern Hochzeitsgang.

AUBRY
Starr und leblos steh ich da,
Bei Gott, wie wird das enden?

RUTHVEN
Ha, Triumph, das Ziel ist nah,
Sie ist in meinen Handen.

CHOR
Mochte die Zukunft die heitersten Loose
Rosengleich dir auf den Lebenspfad streu'n.
Blume des Hochlands du,
Davenaut's Rose... u.s.w..

AUBRY
Haltet ein, nein, nimmermehr
Soll sie dein Opfer sein.

CHOR
Ha, was ist das, Welch seltsames Beginnen!

DAVENAUT
Torichter Knabe, weiche schnell von hinnen,
Unsinniger, hinweg mit dir,
Zu weit treibt dich strafbare Leidenschaft.

AUBRY
Ha, nimmermehr! Es drangt der Augenblick!
Ich fuhle Mut in mir und Kraft,
Ich will und muß die Heißgeliebte retten.

DAVENAUT
Ha, werft den Rasenden in Ketten.

CHOR
Ha, was ist das! Welch seltsames Beginnen!

AUBRY
Fest will ich sie umklammern und umfaßen
Und nur mit meinem Leben laßen.

DAVENAUT
Hinweg mit ihm, trennt sie,
Er ist von Sinnen.

CHOR
Ha, was ist das?

AUBRY
Ha, nimmermehr, ach, habt Erbarmen,
Betrog'ner Vater, ach,
Ihr wißt nicht, was ihr tut.
Verloren euer Kind,
Noch eh' der Morgen graut,
Bestimmt ihr sie
Zu dieses Scheusals Brant.

DAVENAUT
Wie, Rasender,
Du wagst den Mann zu schmahen,
Den sich dein Laird
Zum Eidam ausersehen?
Ha, furchte meines Zornes Wut!

RUTHVEN
Die Zeit vergeht, es wird zu spat
Grausen bebt durch meine Glieder.

MALWINA
Mut und Vertrauen, verließen mich,
Vater im Himmel, erbarme dich!

CHOR
Wie die Sache sich auch wende,
Weh, das nimmt kein gutes Ende.

AUBRY
Ha, traut dem Verruchten nicht,
Seht des Verworf'nen Angesicht,
Sein Auge flammt vor Wut
Er lechzet schon nach ihrem Blut.
Ihr seht sie niemals wieder!

CHOR
Was war das?
Welch' seltsames Beginnen!

RUTHVEN
Der hoffnungslosen Liebe Glut,
Sie tobt in ihm mit wilder Wut.
Ha, feßelt seinen Ungestum.
Ihr wißt, der Wahnsinn spricht aus ihm.

CHOR
Ja, feßelt seinen Ungestum, u.s.w.
Hinweg mit ihm, er ist von Sinnen.

AUBRY
Malwina, hore mich,
In Todesangst beschwor'ich dich.
Verderben droht dir heute Nacht,
Oh, zogre nur, bis der Tag erwacht.

RUTHVEN
Die Zeit vergeht, es wird zu spat.

MALWINA
Mut und Vertrauen verließen mich,
Vater im Himmel, erbarme dich.

RUTHVEN
Die Zeit vergeht, es wird zu spat.
Laßt uns rasch zum Werke schreiten.

DAVENAUT
Ihr Freunde, auf, mit heiterm Sang
Begleitet unsern Hochzeitsgang.

MALWINA
Vater, ach Vater,
Laß mit Zahren dich beschworen.
Hab' Erbarmen mit mir Armen.
Meine Krafte fuhl'ich schwinden,
Oh, laß die Tochter Mitleid finden!
Oh, gonnt mir Zeit,
Der Tag ist nicht mehr weit.

CHOR
Oh, gonnt ihr Zeit
Der Tag ist nicht mehr weit,
Warum so hastig eilen?
MALWI NA
Ach, laß uns bis morgen verweilen.

RUTHVEN
Mich drangt die Zeit.

DAVENAUT (zu Ruthven)
Sprecht, kann es sein?
Ich willige gern ein,
Sir, laßt uns bis morgen weilen.

RUTHVEN
Ihr wißt, was Pflicht gebeut
Ich darf nicht langer weilen.
Nimmermehr, es kann nicht sein,
Ich habt mir euer Wort gegeben.
Wollt ihr es elend brechen?

DAVENAUT
Ha, wer wagt es, so mit mir zu sprechen?
Auf denn, zur Trauung fort!

MALWINA
Nein nimmermehr! Ich will'ge niemals ein.
Nicht Liebe, nur Entsetzen
Fuhl'ich fur diesen Mann.

DAVENAUT
Ha, du wagst dich zu wiedersetzen?
Ha, Verraterin, wohlan,
So treffe dich des Vaters Fluch!

CHOR
Weh, was ist gescheben?

DAVENAUT (mit Widerstreben)
Auf, beginnt den Hochzeitszug!

CHOR
Wie nach verderblichem Wettergetose
Lachelt die Freude mit heiterem Blick.
Blume des Hochlands, du
Davenaut's Rose winden wir dir
Zum heutigen Fest, usw.

AUBRY (hinter der Scene)
Vergebens hemmt ihr
Meines Wahnsinns Starke!
Ich muß hinein!
Zertrummern will ich
Dieses Damons Werke.

RUTHVEN
Man muß den Eingang ihm verwehren!

AUBRY
Haltet ein!

RUTHVEN
Ich bin verloren, weha mir.

AUBRY
Wißt, dieses Scheusal der Natur...

RUTHVEN
Aubry, Gedenk an deinen Schwur.
Verderben drohet dir!

AUBRY
Nicht zag'ich vor des Ew'gen Grimme,
Laut ruf'ich es mit Donnerstimme,
Dies Scheusal hier...

RUTHVEN
Zermalmung bebt durch meine Glieder
Gottes Donner wirft mich nieder
Wehe mir!
(Es schlangt Eins.)

AUBRY (mit hochster Kraft)
Dies Scheusal hier
Ist ein Vampyr!

ALLE
Weh!
(Der Blitz zerschmettert Ruthven, aus der
Erde schlagen Flammen, er versinkt in die
Erde. Alle sturzen betaubt nieder.
)

CHOR
Ha, was war das, was ist geschehen hier?

DAVENAUT
Gott! Mein Kind, welch' Unglück drohte dir!

MALWINA
Wer Gottesfurcht im frommen Herzen tragt,
Im treuen Busen reine Liebe hegt...

AUBRY
Wer Gottesfurcht...

CHOR
Wer Gottesfurcht...

DAVENAUT
Ich hab' verloren meine Vaterrechte,
Geliebte Tochter, kannst du mir verzeih’n?
Auf daß ich sie zurückgewinnen möchte,
Will ich mit heißem Vatersegen
Jetzt diese Hand in deine legen.
(zu Aubnj)
Du sollst mein Sohn und meines Namens
Erbe sein.

MALWINA
Tief im innersten Gemute
Fuhl ich dankbar deine Gute
Vater, Worte hab'ich nicht.

AUBRY
Darf ich's glauben,
Darf ich's hoffen?
Ach, den Himmel seh'ich offen.
Diese Wonne trag'ich nicht.

CHOR
Prangend aus des Verderbens Schoß
Erbluhe euch das schonste Loos.
Es steiget aus der finstern Nacht
Der Tag empor mit Strahlenpracht.
Dem Ewigen sei Preis und Dank
Ihm schalle unser Lobgesang.



Vorhang.
Ende.